Allgemeine Daten
Der
Blei-Säure-Akkumulator ist mittlerweile schon über
150
Jahre alt. Trotzdem ist sie aus vielen Anwendungsbereichen
nicht wegzudenken. Das liegt einerseits daran, dass sich diese Zelle
über einen langen Zeitraum immer weiterentwickelt hat und
andererseits, ist sie nach wie vor eine preiswerte Alternative zu
anderen Batterietypen. Zudem hat der Blei-Akkumulator die weltweit
beste Verfügbarkeit. Wichtig ist auch die gute Entladeeigenschaft
der Bleibatterie bei tiefen Temperaturen. Die nutzbare Kapazität
geht zwar bei -20°C stark zurück, aber man muss sie nicht beheizen
um ihr überhaupt elektrische Energie entziehen zu können, wie bei
manch anderen besseren Systemen.
Technische Daten Blei-Säure-Akkumulator
(Die Daten beziehen sich auf eine Zelle)
Nennspannung: 2,0 V
Ladespannung: 2,28-2,3 V
Negative Elektrode: Blei
Positive Elektrode: Bleidioxid
Elektrolyt: Schwefelsäure
Bauform: prismatisch oder zylindrisch
Energiedichte: ca. 30 Wh/kg
Ladewirkungsgrad 60-70 %
Betriebstemperaturbereich: -40 bis 60°C
Zyklenfestigkeit:
ca. 1500 bei einer Entladetiefe von weniger als 20%
ca. 200-500 bei einer Entladetiefe von mehr als 80%
Selbstentladung: 3-30% pro Monat
Wir
möchten an dieser Stelle noch erwähnen, dass es für den Blei-Akku
verschiedene
Bauformen und auch unterschiedliche Arten, wie
der
Elektrolyt (verdünnte Schwefelsäure) aufgebaut sein
kann, gibt. Der Elektrolyt ist beispielsweise im Blei-Gel-Akku
gelartig eingedickt, im AGM-Akku wird der Elektrolyt von einem
Glasfaservlies gehalten (aufgesaugt). Diese Bauformen sind durch ein
Überdruckventil dicht verschlossen, während der klassische Blei-Akku
mit flüssigem Elektrolyten nicht auslaufsicher ist, gibt es sogar
vollkommen offene Blei-Akkus. Panzerplatten-Akkus, wie sie auch in
Hubstablern eingesetzt werden können mit einem
Elektrolyt-Umwälzsystem ausgestattet werden. Die normale Bauform ist
ein rechteckiger Kasten in dem die Bleiplatten hängen. Seit einiger
Zeit gibt es auch zylindrische Blei-Akkus, die sogenannte
Wickelzellenausführung. Die sollen doppeltso lange halten als
normale Blei-Säure-Akkus - was zu Beweisen wäre...
Allerdings würde es zu weit gehen hier im Detail auf alle Varianten
der Blei-Akku-Ausführungen einzugehen. Wir verweisen sie bei
Interesse auf andere Informationsquellen im Internet.
Vorteile des Blei-Akkumulators:
in verschiedensten Größen und Mengen weltweit verfügbar
viele verschiedene Ausführungen, daher für viele Anwendungen
einsetzbar
gutes Entladeverhalten bei hohen und auch tiefen Temperaturen
hohe Zellenspannung von 2 Volt
Wirkungsgrad von ca. 80%
einfache Kapazitätsmessung möglich
relativ niedrige Kosten
Nachteile:
empfindlich bei Überladung (starke Gasung) oder Tiefentladung
(<15%)
Zyklenfestigkeit ist eigentlich schlecht, je nach Anwendung gibt
es Ausführungen, die aber bis zu 2000 Zyklen halten
Energiedichte ist niedrig
keine gute Ladezustandserhaltung wegen Sulfatisierung
Akku kann beim Laden gasen, Knallgasexplosion
Der Blei-akkumulator im Elektro-Roller
Nach
wie vor fahren noch sehr viele Elektroroller mit den guten alten
Blei-Akkus als Antriebsbatterien auf unseren Straßen. Und auch im
Geschäft gibt es sie noch mit diesem Akkutyp zu kaufen, oft auch
wahlweise Lithium oder Blei. Das ist auch verständlich, wenn man
bedenkt, dass ein Lithium-Ionen-Roller fast doppelt so viel kostet
als ein mit Blei-Akkus bestückter eRoller. Zwischen 4000.- und
5500,- Euro für einen 45 km/h Roller, das will erst einmal bezahlt
werden, auch wenn dieser etwas leichter ist und mehr Reichweite hat.
Gute Roller mit Blei-Akkus kosten etwa 2200.- bis 3500.- Euro,
wohlgemerkt GUTE eRoller.
Da Elektroroller hauptsächlich im urbanen Bereich eingesetzt werden
und eher selten für lange Überlandfahrten, hat hier der
Blei-Akkumulator seine Berechtigung. Eines der Hauptprobleme beim
Blei-Akku-Einsatz im Elektroroller ist nicht der Akku selbst,
sondern die Märchen und Lügengeschichten, die dem potentiellen
Interessenten und Käufer eines eRollers auf Webseiten und in der
Werbung von Händlern und Erzeugern aufgetischt werden.
Wo liegt das Problem bei den Elektrorollern? Warum haben sie
sich nicht durchgesetzt?
Als Folge dessen schrumpft der Angebot am Markt deutlich.
Anbieter von eRollern werben mit Reichweiten von 60-80km und das mit
eingebauten Blei-Akkus. Elektroroller in der 45 km/h Klasse, und von
diesen sprechen wir hier, haben aufgrund ihrer Höchstgeschwindigkeit
einen kleinen Nachteil: sie werden im Betrieb praktisch immer mit
Vollgas gefahren. Kaum jemand bewegt einen eRoller langsamer. Nur
die Reichweitenangaben spiegeln oft die Werte wieder, die eRoller
erreichen, wenn sie mit konstant 30 km/h auf ebener Strecke ohne
Wind bewegt werden. Eine beliebte Norm bei Elektrorollern, die aber
für die Praxis ein absolut untauglicher Wert ist, eigentlich unter
Betrug am Kunden fallen müsste. Manche chinesischen Hersteller
"fahren" ihre 30 km/h Reichweite sogar auf dem Rollenprüfstand im
Labor. Dann ist noch die Frage, wie weit bei solchen
Reichweitentests die Akkus leer gefahren werden, denn die meisten
eRoller haben auch heute noch keine Motorabschaltung bei
Akku-Spannungstiefstand. Sonst würde die Reichweite wahrscheinlich
noch weiter herunter gehen. Bei unseren Elektrorollern, einer hat
1200W im Betrieb, 2500W mit Powertaste, 33Ah Blei-AGM-Akkus und der
andere 3000W und 38Ah Blei-AGM-Akkus beträgt die realistische
Reichweite ohne die Akkus zu schädigen, ca. 30-40km.
Die
eMotoren haben Leistungen von 1500 bis 3500W und die Blei-Akkus
haben meist 33Ah oder 38Ah und es sind 4 Stück davon verbaut. Die
Kapazitäten, die auf den Akkus aufgedruckt sind, sind meist bei
20stündiger Entladung (also geringer Belastung) ermittelt worden.
Das ist natürlich nicht sehr aussagekräftig bei der Verwendung im
eRoller, da hier der Akku nach einer Stunde Fahrt (Vollgas) seinem
Kapazitätsende zugeht oder früher. Renommierte Blei-Akku-Hersteller
geben fast immer neben der Nennkapazität (C20 = 20stündige
Entladung) auch die Kapazität bei geringeren Entladezeiten an.
Anmerkung: Je höher ein Blei-Akku belastet wird, je kürzer die
Entladezeit ist, desto niedriger darf die Entladeschlussspannung
sein.
Ein Beispiel für Kapazitäten eines Akkus, der gerne im
eRoller eingesetzt wird:
(C20 ist die Kapazität bei 20stündiger Entladung,
ESSp=Entladeschlussspannung)
Yuasa NPC 38-12 AGM-Akku (Bild siehe weiter unten)
C20 = 38Ah - ESSp=10,5V
C10 = 35,3Ah - ESSp=10,5V
C5 = 32,3Ah - ESSp=10,2V
C1 = 22,8Ah - ESSp=9,6V
Interessanterweise gibt es auch Akkus auf denen steht 50Ah, sie sind
aber vom gleichen Typ (zB. AGM) gleich schwer und gleich groß wie
ein 38Ah-Akkus (Akkus der Firma Long und Rotex sind uns hier
aufgefallen). Da es keine Zauberei bei Blei-Akkus gibt, wäre zu
hinterfragen, wo die mehr als ein viertel höhere Kapazität herkommt,
denn weiter kommt man mit diesen 50Ah Akkus auch nicht.
In einem Elektroroller befinden sich also 4 Akkus mit insgesamt 48V.
Je nach Stärke des eMotors tritt eine Belastung von ca. 25-45A
während der Fahrt auf und bis zu 70A in der Beschleunigungsphase.
Es tritt nun der Effekt auf, dass in einer Akkubank der 1. Akku,
dessen Pluspol mit dem Plus der Rollerleitung verbunden ist höher
belastet wird als der letzte Akku, der am Minus des eRollers hängt.
Je größer der Innenwiderstand des einzelnen Akkus ist, desto größer
ist der Unterschied zwischen erstem und letztem Akku. Blei-Gel-Akkus
haben einen geringfügig höheren Innenwiderstand als AGM-Akkus. Bei
diesen tritt der der Effekt geringfügig stärker auf.
Welche Auswirkungen hat das auf das Akkupack?
Man
kann sich sehr gut vorstellen, wenn ein Akku mit höheren
Amperezahlen belastet wird als ein anderer, dann wird ersterer
schneller leer werden. Das heißt die Entladeschlussspannung wird
früher erreicht. Da die Tankanzeige aber immer von allen Akkus mit
Summe 48V ausgeht, kann es vorkommen, dass der stärker belastete
Akku tiefer entladen wird als für ihn gut ist. Übertrieben
dargestellt würde der erste Akku (der am Pluspol) tiefer entladen
als die Anzeige und vermittelt, beim mittleren würde die Anzeige
passen, beim letzten wären sogar noch Reserven gegenüber der Anzeige
da.
Ein anderer wichtiger Faktor ist natürlich die Fertigungsqualität
der Akkus. Wenn es sich um schlecht gemachte Akkus handelt mit
großer Qualitätsstreuung, dann können die Akkus bei Belastung im
Akkupack noch weiter auseinanderdriften. Ideal wäre es, wenn die
Akkus, die in ein Elektrofahrzeug kommen, vorher ausgemessen worden
wären oder zumindest aus der gleichen Fertigungscharge kommen.
Was passiert beim Laden?
Hier passiert eigentlich das Gleiche wie beim Entladen. Das
48V-Ladegerät orientiert sich am Durchschnitt und berücksichtigt
nicht die Unterschiede bei der Entladung zwischen erstem und letztem
Akku. Es kann sein, bei großen Unterschieden, dass der erste Akku
noch nicht voll ist und der letzte Akku schon leicht überladen wird.
Man kann sich gut vorstellen, dass sich das im Laufe der Zeit
richtig aufschaukeln kann, bis irgendwann einmal ein Akku einbricht
und die ganze Akkubank mitzieht.
Wie kann man das verhindern?
Ladetechnik und Akkupflege im Fahrzeug
Von einigen Händlern haben wir schon gehört, dass man, um diesen
Effekt zu umgehen, die Akkus ein mal im Jahr vertauschen sollte: der
erste Akku (+) kommt an die letzte Stelle (-) und der Letzte kommt
an die erste Stelle. Auch die beiden inneren Akkus werden
vertauscht. Wenn die Akkus noch nicht zu weit auseinander gedriftet
sind, dann hat die Maßnahme sicherlich Sinn. Allerdings ist das mit
einigem Aufwand verbunden, alle Akkus aus- und wieder einzubauen.
Als Laie sollte man bei diesem Unterfangen sehr vorsichtig sein,
auch wenn 48V noch unter Niedrigspannung fallen.
Wir,
in der
ZukunftsWerstatt Verkehr gehen einen etwas anderen
Weg. Wir laden alle unsere Elektroroller mit 4 einzelnen Ladegeräten
auf. Dh. jeder Akku (12V) hat sein eigenes Ladegerät (12V). In den
Fall kann es gar nicht zu einem Auseinanderdrifen der einzelnen
Akkus kommen, denn jeder Akku wird an Ende der Fahrt individuell
voll geladen.
Das ist der Hauptvorteil dieser Methode. Natürlich benötigt man 4
Ladegeräte, die doch einiges kosten können, aber nicht müssen. Ab 30
Euro bekommt man gute Ladegeräte, allerdings mit geringem Ladestrom,
ab 60 Euro pro Gerät wird es interessant. Wir haben für unsere
eRoller ein 4er-Ladegerätepack zusammengestellt und mit einem
8-poligem Stecker versehen. Jeder Roller hat ein 8-poliges
Gegenstück und wir laden sie hintereinander auf. Müssen wir einmal
auswärts aufladen, benutzen wir die eingebauten oder original
Ladegeräte.
Die
Tauschmethode kostet zwar nichts, außer Arbeit (jedes Jahr mind.
einmal) setzt aber voraus, dass die Akkus bei Kauf gleiche
Fertigunsqualtiät haben, was bei billigen Chinarollern aber oft
nicht der Fall war und ist. Es entpuppt sich meistens als ein
Glücksspiel welche Akkus man bekommt, oft nicht einmal aus der
gleichen Charge.
Bilder: 4-fach Ladegerät mit 8-fach Stecker ; Originalbuchse
und 8-fach Buchse am eRoller
Der Blei-Akku, obwohl alt und bewährt, ist ein witziger Geselle. Er
ist viel sensibler als die meisten von uns glauben:
- er mag das Überladen nicht
- er mag das Tiefentladen (<20%) schon überhaupt nicht
- er mag nicht für längere Zeit unbenutzt in der Ecke stehen
Was er aber sehr gerne hat, ist jeden oder jeden 2. Tag ein wenig
entladen zu werden um dann gleich wieder aufgeladen zu werden. Würde
man ihn so behandeln, man würde nicht glauben wie lange er gut
funktionieren würde. In der Praxis geht das leider nicht und
abgesehen davon fehlt den meisten Blei-Akku-Benutzern über die
Vorlieben ihres Akkus jede Kenntnis.
Vielleicht können wir helfen das zu ändern!
Stellen sie sich folgendes vor:
ein Elektrorollerfahrer stellt seinen eRoller im Herbst nach der
letzten Fahrt in den Keller, läd ihn noch einmal auf und fertig. Im
nächsten Frühling, 5-6 Monate danach holt es seinen Roller wieder
heraus und will losfahren. Denkste! Da rührt sich nichts mehr. Hat
sich halt über den Winter entladen. Also wird er wieder geladen und
jetzt geht es los.
Leider, außer ein paar müden Metern ist nix drin! Der
eRollerbesitzer ist verzweifelt. Warum? Es gibt Blei-Akkus, die nach
3 Monaten leer sind. Noch 3 weiter Monate ohne Ladestrom können dem
Akku den Rest geben und meistens verabschiedet sich dann eine Zelle,
worauf dieser Akku dann unbrauchbar wird.
Um sicher zu gehen, dass so etwas nicht passiert sollte auch im
Winter ein eRoller mindestens einmal im Monat ein wenig bewegt
werden und danach wieder aufgeladen werden.
Es gibt natürlich auch im Fachhandel Geräte, die ein Überwintern von
Blei-Akkus ermöglichen. Man braucht aber wieder ein Gerät pro Akku.
Wir
stetzen zudem bei all unseren in Verwendung stehenden Blei-Akkus
(eRoller und eAuto) sogenannte Pulser (
Bild: Yuasa-Akku mit
ELV Pulser) ein. Diese belasten den angeschlossenen Akku
alle 10-20 Sekunden mit einem Entladestromstoß von der Dauer eines
Bruchteils einer Sekunde. Dadurch entläd sich der Akku nicht
wesentlich, er soll aber der Sulfatierung der Bleiplatten entgegen
wirken. Wenn man solche Pulser von Beginn an einsetzt stehen die
Chancen gut um die Lebenserwartung des Akkus zu erhöhen. Diese
Geräte bekommt man im Elektronikfachhandel und sie kosten zwischen
20 und 30 Euro. Die Akkuhersteller haben klarerweise kein Interesse
an diesen Geräten.
Zusammenfassend, was kann man tun um die Lebenserwartung ihrer
Blei-Akkumulatoren in ihrem Elektroroller zu erhöhen?
(1) die Akkus sollten aus einer Charge sein (darauf achten, wenn man
Akkus wechseln muss und neue kauft)
(2) wenn eRoller in Betrieb: Akkus einzeln aufladen bis sie wirklich
voll sind, 2-3 Stunden abwarten und dann die Spannung messen und
notieren. Beim Einbau den mit der besten Spannungslage an den
Pluspol hängen, dann den zweitbesten, usw.
(3) Pulser anschließen (es gibt welche für 12V und 24V)
(4) Reihenfolge der Akkus im eRoller mind. einmal im Jahr tauschen
(5) oder Akkus mit Einzelladegeräten Laden, eingebaut oder extern
über Stecker
Bericht: Gerald Harbusch (2012)